RPN
Pavillon
2017 | Ludwigsburg
Wettbewerb | Raumpioniere
Gemeinschafts-Wohnen | 12.5 m2 BGF
Das vorgeschlagene Konzept liefert einen theoretischen Ansatz, wie das Wohnen in Zukunft aussehen könnte. Es bedeutet eine Abkehr von traditionellen Wohneigentumsverhältnissen heutiger Zeit. Die Kernidee ist eine zeitliche Nachverdichtung der Nutzung vorhandener – und neu implementierter – Wohnstrukturen der Stadt für breite Bevölkerungsschichten durch das Kollektiv, gemäß dem Prinzip „alles für alle“. Der Titel bezieht sich auf die propagierte Wiederkehr einer nomadisierender Lebensweise, moderne URBAN NOMADS.
Der paleolithische Mensch als nomadisierender Jäger und Sammler lebt mit seiner Umwelt und ist ihren Gefahren als durchschnittlicher Akteur schutzlos ausgeliefert. Mit dem Übergang zur Sesshaftigkeit beginnt er seine Umwelt zu gestalten, seine vollständige Dominanz über die unbeherrschte Natur findet seinen triumphalen Ausdruck in idealisierten barocken Schlossanlagen wie in Ludwigsburg. Gebaute Strukturen dienen spezifischen Nutzungen. Seit dem Ende des 2. Weltkriegs stieg die durchschnittliche Größe des Wohnraums pro Einwohner kontinuierlich, jeder für sich neben- und übereinander. Unsere Wohnkultur hat sich trotz steigendem ökologischen und ökonomischen Drucks und soziologischen Entwicklungen kaum verändert. Ein globalisierter Arbeitsmarkt und nicht-traditionelle Beziehungsformen machen immer mehr von uns heute schon zu modernen Nomaden. EIGENTUM AUF ZEIT löst starre Eigentumsverhältnisse zunehmend ab. Besitz und Gebrauch, wenn und wo man es braucht.
Statt immer höherer Verdichtung unserer Städte zu Lasten verbleibender Freiräume bei gleichzeitiger Minimierung privaten Wohnraums, muss es eine zeitliche Verdichtung bestehender und zukünftiger Bausubstanz geben: Nicht der physische Raum wird nachverdichtet, sondern die zeitliche Ausnutzung vorhandener Flächen. DIE STADT ALS ULTIMATIVER SHARED SPACE wird als kollektives Kontinuum von allen Bewohnern genutzt. Anstatt Wohnungen einen Großteil der Zeit ungenutzt zu lassen, wird ein Teil davon in ihre räumlichen und funktionalen Bestandteile zerlegt, kommunalisiert und für die Allgemeinheit benutzbar gemacht. Größe und Anzahl einzelner Funktionsräume wie Schlafen, Essen, Aufenthalt, Waschen richtet sich nach dem tatsächlichen zeitlichen Bedarf der Stadtbewohner anstatt ihrer Anzahl.
Der Pavillon in Ludwigsburg ist mehr Kunstobjekt zur diagrammatischen Darstellung dieser Idee, denn eine konkret nutzbare Mikrowohnung und besteht aus einer mit weißem Segeltuch bespannten filigranen Stahlkonstruktion. Auf einer leicht erhöhten Plattform teilen Trennwände den überdachten Raum in die 4 Funktionen der traditionellen Raumteilung: Kochen, Wohnen, Schlafen, Waschen, reduziert auf ein ARCHAISCHES MINIMUM: Feuerstelle, Schlaf-Felle, Tisch und Wasserstelle – ein Habitat urbaner Nomaden. Anstelle der privaten Umgrenzung und innenliegender Erschließung wird die Wand zur Öffnung und die umgebende Stadt zum Eingang: ein umlaufender Vorhang reguliert die Öffnung nach außen, die Räume können en passant oder für Veranstaltungen von allen Ludwigsburgern ständig genutzt werden.
ALLES FÜR ALLE ZU JEDER ZEIT, DISTRIBUTOPIA